Solarbranche.de

Branchenportal für die Solarenergie

„Energie-Realitätscheck“ mit Milliardenrisiko: Wie eine gebremste Energiewende Wirtschaft und Klima schadet

© Adobe Stock© Adobe StockBerlin - Das Bundeswirtschaftsministerium plant eine Neubewertung der Energiewendeziele und stellt insbesondere den Ausbau erneuerbarer Energien auf den Prüfstand. Zwei aktuelle Studien warnen: Ohne einen konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien und eine beschleunigte Elektrifizierung drohen Deutschland nicht nur klimapolitische Rückschritte, sondern auch wirtschaftliche Risiken.

Während die Bundesregierung über einen „Realitätscheck" bei der Energiewende diskutiert, fordern aktuelle Analysen von Green Planet Energy und Agora Energiewende mehr Tempo beim Ausbau der Erneuerbaren Energien (EE-Ausbau). Nur so lasse sich der steigende Strombedarf klimafreundlich decken, die CO2-Bilanz verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sichern. Die Autoren warnen vor einer politisch verschuldeten Ökostromlücke mit weitreichenden Folgen.

Elektrifizierung braucht Erneuerbare: Zwei Studien mit klarer Botschaft
Der Weg zur Klimaneutralität bis 2045 führt nur über einen entschlossenen Ausbau erneuerbarer Energien und eine beschleunigte Elektrifizierung zentraler Verbrauchssektoren. Das zeigen zwei aktuelle Studien, die jetzt veröffentlicht wurden.

Die Analyse von Enervis im Auftrag von Green Planet Energy und Greenpeace mit dem Titel "Energiewende-Monitoring darf Wärme- und Verkehrswende nicht bremsen" analysiert anhand mehrerer Szenarien, welche Folgen eine politische Drosselung des EE-Ausbaus hätte - insbesondere für die CO2-Bilanzen in den Bereichen Wärme und Verkehr.

Parallel dazu hat Agora Energiewende die Studie "Effiziente Energiewende - Vier Hebel für Resilienz und Klimaschutz" veröffentlicht. Sie vergleicht zwei Entwicklungspfade für die Energiewende und zeigt auf, wie eine ambitionierte Kombination aus Erneuerbaren-Ausbau, Elektrifizierung, Flexibilität und Netzausbau die wirtschaftliche Resilienz stärkt.

Beide Studien unterstreichen die Schlüsselrolle eines steigenden Anteils von Wind- und Solarstrom für die Dekarbonisierung. Laut Agora wird der Stromverbrauch allein bis 2030 auf 701 Terawattstunden ansteigen - unter anderem durch E-Mobilität, Rechenzentren, Wasserstoffproduktion und zunehmenden Kühlbedarf infolge von Hitzetagen. Gegenüber dem vorangegangenen Klimaneutralitätsszenario von Agora steigt die Nachfrage allerdings langsamer, etwa durch einen verzögerten Hochlauf von E-Fahrzeugen (minus 12 TWh) und Wärmepumpen (minus 4,3 TWh) in den vergangenen zwei Jahren.

Green Planet Energy betont, dass ohne ausreichend grünen Strom der notwendige Hochlauf von Wärmepumpen und E-Fahrzeugen ins Stocken gerät. Die Folge: eine massive Verfehlung der Klimaziele in diesen Sektoren.

Klimaschutz ist Wirtschaftsschutz: Bremsmanöver mit Folgen
Beide Studien richten sich auch kritisch gegen Signale aus der Bundesregierung, die auf eine Drosselung des EE-Ausbaus hindeuten könnten. Hintergrund ist das laufende Energiewende-Monitoring des Bundeswirtschaftsministeriums, das laut Ministerin Reiche als "Realitätscheck" konzipiert ist.

Green Planet Energy warnt vor konkreten Folgen: Ein Szenario mit gebremstem Erneuerbaren-Ausbau und gleichzeitig nur langsam steigender Stromnachfrage könnte allein bis 2035 zu 381 Millionen Tonnen zusätzlicher CO2-Emissionen führen. Das entspräche dem jährlichen Ausstoß eines Industrielands wie Australien. Die damit verbundenen gesellschaftlichen Kosten beziffert die Studie - je nach Bewertungsansatz - auf bis zu 358 Milliarden Euro.

Agora rechnet ebenfalls mit starken ökologischen und ökonomischen Effekten. Im ambitionierten Szenario wären 36 Millionen Tonnen CO2 weniger Emissionen allein im Jahr 2030 möglich. Zudem könnten fossile Energieimporte im Wert von bis zu 7 Milliarden Euro jährlich vermieden werden.

Hinzu kommt der Strompreiseffekt. Beide Studien erwarten bei einem schnellen EE-Ausbau sinkende Strompreise - Agora geht von einer Senkung um bis zu 23 Prozent bis 2030 aus. Steigende Preise durch fossile Kraftwerke würden hingegen private Haushalte wie Unternehmen gleichermaßen belasten.

Politik muss langfristig planen und entschlossen handeln
Ein zentrales Fazit beider Studien: Die Politik darf sich nicht am aktuellen Stromverbrauch orientieren, sondern muss die strukturellen Entwicklungen und langfristigen Anforderungen ernst nehmen. Eine kurzsichtige Drosselung des Erneuerbaren-Ausbaus würde bestehende Herausforderungen weiter verschärfen.

Julia Bläsius, Direktorin von Agora Energiewende, fordert: „Die Antwort auf eine schwächelnde Stromnachfrage sollte sein, die Elektrifizierung anzuschieben und die Netze fit für den zunehmenden Verbrauch zu machen - statt den Erneuerbaren-Ausbau zu bremsen.“

Greenpeace und Green Planet Energy mahnen, dass das Energiewende-Monitoring ein realistisches Bild vom tatsächlichen Strombedarf für 2045 liefern müsse - und nicht zur Absenkung bestehender Ziele führen dürfe. „Wenn Wirtschaftsministerin Reiche jetzt Wind- und Solarenergie ausbremsen will, wäre das eine Bankrotterklärung für die Wärme- und Verkehrswende und würde Deutschland im internationalen Vergleich zurückwerfen. Ein fossiles Rollback wäre teuer, klimaschädlich und geopolitisch hochriskant“, betont Nils Müller, Vorstand der Energiegenossenschaft Green Planet Energy.


© IWR, 2025


Mehr Nachrichten und Infos aus der Regenerativen Energiewirtschaft
BSW-Solar warnt vor Vergütungsstopp: Verband kritisiert Reiches Solarpläne – Investitionssicherheit gefährdet

Bremst Bundesregierung den EE-Ausbau? Börsenzeitung: PNE warnt vor weiterer "Altmaier-Delle" und Fadenriss beim Wind- und Solarausbau
Deutsch-kanadische Rohstoffallianz stärkt Versorgungssicherheit – Enertrag und Rock Tech setzen auf grünen Strom
Stellenangebot Stadtwerke Ansbach GmbH (Ansbach): Leiter Unternehmenssteuerung / Controlling (m/w/d)
Original PM: Cable Pooling neu gedacht: energy grid service bringt innovativen EZA-Regler zur Marktreife
Australien baut Mega-Wasserstoffanlage für grüne Eisenpellets - Thyssen Nucera winkt 1,4-GW-Großauftrag
Profil und Kontakt: Tion Renewables GmbH

05.09.2025

 



Jobs & Karriere - Energiejobs.de
Veranstaltungen - Energiekalender.de

Pressemappen - mit Original-Pressemitteilungen