Energie-Verbände kritisieren Entwurf des Kraftwerkssicherheitsgesetzes - Risiko und Kosten zu hoch
© Adobe StockBerlin - Zur Umsetzung der Kraftwerksstrategie (KWS) hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am Montag (25. November) den erwarteten Entwurf für ein Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) zur Konsultation gestellt. Dazu hatten die beteiligten Akteure nur gut zwei Tage Zeit, was deutlich kritisiert wird. Es gibt aber weitere Kritikpunkte.
Trotz des Bruchs der Ampel-Koalition soll das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) noch in der laufenden Legislaturperiode in den Gesetzgebungsprozess überführt werden. Mit dem Gesetzesentwurf zum Kraftwerkssicherheitsgesetz soll der Bau von neuen Gaskraftwerken ausgeschrieben werden, die künftig die Stromversorgung stabilisieren, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien und Speicher nicht zu decken ist. Außerdem soll die Umstellung auf klimafreundlicheren Wasserstoff gefördert werden. Nach Abgabe ihrer Stellungnahmen im Rahmen der kurzfristig anberaumten Konsultation des Referentenentwurfs haben sich verschiedene Verbände der Energiewirtschaft zu dem Entwurf des KWSG geäußert und dabei auf einige kritische Aspekte des vorgelegten Entwurfs verwiesen.
BDEW: Bau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken mit zu hohen Risiken behaftet
Der BDEW begrüßt vom Grundsatz her, dass die Bundesregierung das Thema Kraftwerksbau trotz des Endes der Ampel-Koalition weiter vorantreibt. „Wir brauchen schnell neue und steuerbare Kraftwerke, um sie den Erneuerbaren Energien als Partner für ein sicheres Stromsystem zu Seite zu stellen. Denn eins ist klar: auch eine vorgezogene Neuwahl und neue Regierungskonstellationen nehmen nicht den Zeitdruck für den Zubau von Erzeugungskapazitäten weder von der Energiebranche noch vom Gesetzgeber“, so die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae.
Kritisiert werden vom BDEW allerdings bislang angedachten Regelungen vor allem für H2-ready-Kraftwerke, da diese aus Sicht des Verbandes immer noch mit zu hohen Risiken behaftet sind, was Investitionen für private Kapitalgeber uninteressant mache. „Dabei sind wasserstofffähige Gaskraftwerke neben ihrer zentralen Bedeutung für das Stromsystem auch wichtig für den Wasserstoffhochlauf in Deutschland. Die Kraftwerke sind neben der Industrie wichtige Nachfrager nach Wasserstoff. Die geplante Förderung soll zudem die nötige Entwicklung bei Wasserstoff-Technologien voranbringen“, so Andreae.
Für die erste Säule des vorliegenden KWSG ist vor allem entscheidend, dass die Förderbedingungen so geändert werden, dass damit die Investitionen von Aufsichtsräten freigegeben und von Banken als finanzierungsfähig eingestuft werden können. Momentan verhindern insbesondere die hohen Risiken und die drohenden Konsequenzen bei Nichterfüllung der Vorgaben für den Wasserstoffeinsatz die sogenannte Bankability. Zu den hohen Risiken gehören nicht ausreichende Wasserstoffverfügbarkeit, Verzögerungen in der Technologieentwicklung bei Wasserstoff-Turbinen oder der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sowie zu knappe Realisierungszeiträume. Eine vollständige Rückzahlung der Förderung bzw. Einbehaltung der Sicherheitsleistung wären die Folge. Hier muss schnell nachgebessert und das Gesetz zeitnah auf den Weg gebracht werden.“
BNE warnt vor hohen Zusatzkosten für Stromsystem durch Kapazitätsmechanismus
Nach Einschätzung des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (BNE) folgt aus den Regelungen des Referentenentwurfs die Einführung eines zentralen Kapazitätsmechanismus. Der BNE befürchtet daher Marktverzerrungen und hohe Zusatzkosten für das Stromsystem. „Anstatt einen zentralen Kapazitätsmechanismus einzuführen wäre es sinnvoll, die Schwächen des aktuellen Strommarktes anzugehen. Um die Versorgungssicherheit langfristig aus dem Markt heraus zu gewährleisten, sollte deshalb eine erweiterte Pflicht zum Hedgen eingeführt werden. Das KWSG ist ein deutliches Beispiel dafür, wie eine maximale Detailsteuerung seitens des Gesetzgebers vorgenommen wird. Hier wird bis zur kleinsten Schraube geplant und gesteuert, anstatt die Rahmenbedingungen für marktwirtschaftliche Lösungen zu geben“, so BNE Geschäftsführer Robert Busch.
Der BNE erwartet durch den zentralen Kapazitätsmarkt vermeidbare Strompreissteigerungen für die Stromkunden. Denn er führt neben den eigentlichen Kosten für die Vorhaltekraftwerke zu zusätzlichem Förderbedarf für Erneuerbare, für Speicher und für Flexibilitäten. „Ein zentraler Kapazitätsmarkt wird zu höheren Preisen für die Dekarbonisierung führen, da in Folge auch die Elektrifizierung der Sektoren Industrie, Wärme und Verkehr unattraktiver wird und notwendige Innovationen und Investitionen verzögert oder verhindert werden“, so Busch weiter.
VKU konstatiert zu viel Nachbesserungsbedarf
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) bemängelt an dem Referentenentwurf, dass zentrale Aspekte des VKU weiterhin nicht aufgegriffen werden. Zum einen, so die Kritik, fokussiere der Referentenwurf auf den Neubau neuer Gaskraftwerke auf der grünen Wiese. Vorhandene Standorte mit Gaskraftwerken würden ausgeschlossen. Das ist für den Verband volkswirtschaftlich ineffizient und verhindert zudem einen echten Kostenwettbewerb in den Ausschreibungen. Gerade bestehende Standorte mit vorhandener Infrastruktur wären laut VKU geeignet und sollten im Gesetzentwurf dementsprechend berücksichtigt werden. „Leider spielt auch die Modernisierung bestehender Anlagen im Entwurf faktisch keine Rolle. Dafür waren und sind auch die vorgesehenen Hürden zu hoch, etwa die Vorgaben bei der Wirkungsgradsteigerung und der Investitionstiefe“, so VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.
Zudem kritisiert der VKU, dass der Gesetzentwurf eine Förderung für die Umrüstung bestehender KWK-Anlagen auf Wasserstoff ausschließt. „Damit wird ein möglicher wesentlicher Beitrag von Stadtwerken für klimaneutrale Kraftwerke verhindert“, so Liebing.
Um ein gutes Gesetz als Rechtsgrundlage für Kraftwerksausschreibungen zu bekommen, fordert der VKU ein deutlich überarbeitetes, besseres Gesetz. „Voraussetzung ist, dass die Regierung ihren Entwurf deutlich überarbeitet, weil mit Blick auf nur noch wenige verbleibende Sitzungswochen kaum mehr mit echter inhaltlicher Arbeit am Gesetzentwurf im aktuellen Deutschen Bundestag zu rechnen ist“, so das Fazit von Liebing.
Deutliche Worte findet Liebing zudem an der eingeräumten Konsultationsfrist von gut zwei Tagen. „Das ist eine Zumutung. Es handelt sich nicht um irgendein Gesetz, sondern um eine wesentliche Weichenstellung für unsere Volkswirtschaft - mit möglichen finanziellen Folgewirkungen im zweistelligen Milliardenbereich für den Bundeshalt und die Stromkunden. Eine fundierte Stellungnahme erfordert die Expertise sowie die wertvollen und nützlichen Einschätzungen unserer Mitgliedsunternehmen aus der Praxis, die wir sammeln und aufarbeiten. Gut zwei Tage sind dafür eindeutig zu wenig!“, kritisiert Liebing.
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