Grüne Industriepolitik: EU hinkt mit Green Deal Industrial Plan China und USA hinterher
© Fotolia/AdobeBrüssel – Schon seit vielen Jahren setzt China bei den „grünen“ Zukunftstechnologien auf eine staatlich gelenkte Wirtschaftspolitik mit dem Ziel der Weltmarktführerschaft. Nachdem zuletzt auch die USA mit dem Inflation Reduction Act eine staatlich gesteuerte industriepolitische Offensive gestartet haben, zieht die EU mit dem Green Deal Industrial Plan nach.
Der staatliche Wettlauf um die Vormachtstellung und Sicherung der heimischen Wirtschaft auf den technologischen Zukunftsfeldern geht in eine neue Runde. Nach China und den USA setzt nun auch die EU auf „grüne“ Industriepolitik. Während China und die USA allerdings schon die Umsetzung praktizieren, steht in der EU erst einmal ein Konzept. Neue Handelskriege um „grüne“ Technologien sind nicht ausgeschlossen.
Chinas grüne Industriepolitik: Schutz der heimischen Wirtschaft und Marktmacht durch Exportunterstützung
China hat mit seiner staatlich gesteuerten Industriepolitik auf zahlreichen Zukunftsfeldern hohe globale Marktanteile erreichen können. Während viele Jahre ausländische Unternehmen auf dem Gebiet bestehender, alter Technologien, vor allem chinesische Joint Venture eingehen mussten, wurden einheimische chinesische Unternehmen auf technologischen Zukunftsfeldern staatlich gefördert und Exporte zur Erreichung hoher globaler Marktanteile unterstützt.
So hat die chinesische Solarindustrie mittlerweile eine marktbeherrschende Position erreicht, versucht jedoch nun, den Export von Technologien für die Herstellung von Solarzellen zu verbieten. Zwar sind noch nicht alle Einzelheiten bekannt, aber laut chinesischer Medien sollen Technologien, Komponenten und Maschinen von einem Exportverbot betroffen sein, die zur Herstellung der Solarpaneele notwendig sind. Da in der EU praktisch keine Solarindustrie mit eigener Lieferkette mehr existiert, wäre die Wiederansiedlung von Firmen und der Bau neuer Solar-Produktionskapazitäten kosten- und zeitaufwendig, um die Abhängigkeit zu reduzieren.
USA fördern über den Inflation Reduction Act US-Firmen direkt mit Steuergutschriften
In den USA hat die Biden-Regierung im August 2022 mit dem „Inflation Reduction Act“ ein knapp 370 Mrd. US-Dollar schweres industriepolitisches Programm auf den Weg gebracht, das Unternehmen in den USA direkt fördert. Das hat den Vorteil, dass Unternehmen die industrielle Produktion in den USA ansiedeln und hochfahren. Jüngste Beispiele sind u.a. das US-Brennstoffzellen-Unternehmen Plug Power. Anfang 2023 ist die neue Fertigungsstätte zur automatisierten Herstellung von Brennstoffzellen in Betrieb gegangen. Andy Marsh, CEO von Plug Power anlässlich der Einweihung: „Senator Schumer war maßgeblich an der Verabschiedung des Inflation Reduction Act beteiligt, der die Investment Tax Credits für Brennstoffzellen verlängerte und Plug die Entwicklung des ersten kommerziell nutzbaren Marktes für die Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie ermöglichte.“
Ebenfalls auf der Grundlage des „Inflation Reduction Acts“ hat der koreanische Hanwha Solutions zugesagt, mehr als 2,5 Mrd. US-Dollar in den USA zu investieren. Die Tochter Hanwha Qcells plant den Bau einer Solarfabrik im US-Bundesstaat Georgia mit einer Jahresleistung von 3,3 GW (3.300 MW). Gleichzeitig soll auf dem Fabrikgelände ein Solarkraftwerk mit 2 GW Leistung entstehen.
Im Ergebnis führt die Subventionierung über den „Inflation Reduction Act“ dazu, dass Unternehmen sich mit den industriellen Produktionsstätten in den USA niederlassen und Arbeitsplätze schaffen.
EU stellt Konzept für „grünen“ Industrieplan vor - Green Deal Industrial Plan
Während in China und in den USA die direkte Förderung der Unternehmen im Fokus steht, setzt die EU vor allem auf Projektförderung. Diese Art der Einzelförderung gibt den Unternehmen jedoch nicht die Planungsgrundlage, in kostenintensive, industrielle Fertigungsanlagen zum Aufbau einer Serienproduktion zu investieren.
Jetzt hat die EU-Kommission einen Plan vorgestellt, wie sie Europas Wettbewerbsfähigkeit erhöhen will. Der „grüne Industrieplan“ (Green Deal Industrial Plan) soll insbesondere die Netto-Null-Industrie stärken und den raschen Übergang zur Klimaneutralität unterstützen.
Dazu will die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Netto-Null-Industrie-Gesetz vorschlagen. „Dieses Gesetz wird den Schwerpunkt auf Schlüsseltechnologien für den Übergang zur Emissionsfreiheit legen. Es wird Kapazitätsziele für 2030 festlegen. Es wird die Genehmigung von Mehrländerprojekten beschleunigen und Anreize für solche Projekte schaffen,“ so von der Leyen. Zudem wird ein Rohstoffgesetz vorgeschlagen, damit die Rohstoff-Gewinnung in der EU, die Verarbeitung und das Recycling sowie die Suche nach biobasierten Alternativen erleichtert wird.
Strom ist neben Rohstoffen das zweite Kernelement, das die Industrie für ihre Wettbewerbsfähigkeit braucht. Deshalb soll im März ein Reformvorschlag für die Gestaltung des Strommarkts vorgestellt werden.
Die EU-Kommission will es den Mitgliedsstaaten erleichtern, für den grünen Wandel erforderliche Beihilfen zu gewähren. Um dies zu beschleunigen, wird die Kommission die Mitgliedstaaten zu einem geänderten Vorübergehenden Krisen- und Übergangsrahmen für staatliche Beihilfen konsultieren und die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung im Hinblick auf den Green Deal überarbeiten. So soll etwa die Anmeldeschwelle für die Förderung grüner Investitionen erhöht werden. Auch ist vorgesehen, die Genehmigung von Projekten im Zusammenhang mit IPCEI (Important Projects of Common European Interest) und den Zugang zu bestehenden EU-Fonds erleichtern.
Die Kommission will den EU-Binnenmarkt auch vor unfairem Handel im Bereich der sauberen Technologien schützen und ihre Instrumente einsetzen, um sicherzustellen, dass ausländische Subventionen den Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verzerren. Bleibt abzuwarten, ob diese Politik für eine prosperierende Enwicklung auf dem Zukunftsfeld "grüner" Industrien in der EU im Wettbewerb mit China und den USA ausreicht.
© IWR, 2023
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