1. Windgipfel 2023 soll Ausbau der Windenergie an Land beschleunigen
© Adobe Stock / FotoliaBerlin - Auf Einladung von Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat in Berlin der erste von zwei Windgipfeln stattgefunden, die in diesem Jahr geplant sind. Der Minister zieht ein positives Fazit, sieht aber noch reichlich Abstimmungsbedarf. Branchenvertreter mahnen eine geschlossene Unterstützung des Ausbaus auf allen Ebenen an.
Zwar hat sich der Windenergieausbau in den vergangenen Jahren beschleunigt, ist aber immer noch weit von der für den Klimaschutz notwendigen und politisch vorgegebenen Zielmarke eines Zubaus von 10.000 MW pro Jahr entfernt. Besonders das Genehmigungsniveau von nur knapp über 4.000 MW im Jahr 2022 und die andauernden Unterzeichnungen der Windenergie-Ausschreibungen machen dies deutlich. Um die Rahmenbedingungen für den weiteren Windenergieausbau nach den bereits eingeleiteten Maßnahmen weiter zu verbessern und zu justieren, haben sich in Berlin Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie von Verbänden ausgetauscht.
Konsultationsphase unter Beteiligung der Akteure soll finale Wind-an-Land-Strategie vorbereiten
Mit dem ersten Windgipfel im Jahr 2023 will Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck den Windkraftausbau weiter vorantreiben und Hürden abbauen. Dazu haben sich gestern (22.03.2023) Vertreter der Bundesländer, der Ressorts der Bundesregierung, der Verbände, der kommunalen Spitzenverbände und der Gewerkschaften auf Einladung von Habeck getroffen. Im Mittelpunkt stand eine breite Palette von möglichen Maßnahmen, die für eine Ausweitung und Beschleunigung bei der Planung, Genehmigung und beim Zubau von Windenergie an Land sorgen sollen.
Zum Gipfel hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Handlungsfelder und Maßnahmen identifiziert, die in den kommenden Wochen mit den Akteuren beraten werden sollen. Das reicht von besseren Anreizwirkungen des EEG und besseren Finanzierungsbedingungen für Direktverträge zwischen Energieerzeugern und Stromverbrauchern über die weitere Erleichterung von Repowering bis hin zur Frage, wie Windflächen für die Versorgung der Industrie zur Verfügung gestellt werden können. Auch der zügige Transport von Windkraftanlagen, die Sicherung von Flächen sowie Standardisierungsfragen spielen eine Rolle.
„Im letzten Jahr haben wir mit einer Vielzahl an Maßnahmenpaketen im Planungs-, Genehmigungs- und Förderrecht den Startschuss gegeben. Aber es ist klar: Für mehr als eine Vervierfachung des derzeitigen Ausbaus müssen wir wirklich alle Bremsen lösen und Hemmnisse beim Ausbau der Windenergie weiter abbauen. Daher haben wir heute prioritäre Handlungsfelder diskutiert und freuen uns jetzt auf Input von den Akteuren“, so Habeck.
Die identifizierten Handlungsfelder soll mit den Ländern und der Branche jetzt umfassend bis zum 6. April 2023 konsultiert werden. Anschließend steht die Erarbeitung einer finalen „Windenergie-an-Land-Strategie“ auf der Agenda, die im Rahmen eines zweiten Windgipfels im Frühjahr vorgestellt werden soll.
BWE: Gipfel von ganz anderer Ernsthaftigkeit geprägt als 2019er-Gipfel unter Peter Altmaier
Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßt den Gipfel vom Grundsatz und sieht in den Ergebnissen eine Grundlage, um nach einem fokussierten Konsultationsprozess umfangreich nachzubessern und vor allem auch konkrete Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Gleichzeitig sieht der BWE weiterhin eine Reihe von Herausforderungen.
„Gerade bei dem Großthema Flächen vermissen wir die nötige Bewegung. Hier hätten durch Umsetzen unserer konkreten Vorschläge große Flächenpotenziale auch kurzfristig gehoben werden können“, kritisiert der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE) Hermann Albers. Es reiche nicht, sich auf dem Windenergie-an-Land-Gesetz auszuruhen. „Flächen sind ein wichtiges Schlüsselthema beim Ausbau. Deren Ausweisung muss in einem Schritt erfolgen und schon auf 2025 vorgezogen werden“, fordert Albers mehr Dynamik.
Auch bei den Transportgenehmigungen fehlt aus BWE Sicht der dringend notwendige Durchbruch. Hier sei durch eine Standardisierung eine Vereinheitlichung über alle Bundesländer möglich.
Die Fortschritte beim Naturschutz und den erkennbaren Regelungswillen, insbesondere beim Thema Standardisierung für Fledermäuse, begrüßt der BWE zwar, fordert aber auch hier mehr Tempo. „Die Arbeiten zu Standardisierungen müssen jetzt beginnen. Es darf nicht gewartet werden, bis die Beschleunigungswirkung durch die EU-Notfallverordnung ausläuft. Die Zeit drängt“, so Albers weiter.
„Es braucht jetzt ein Commitment aller Beteiligten. Eine tatsächlich effektive Windenergie-an-Land-Strategie kann nur dann zu einem Erfolg werden, wenn sie von allen gemeinsam getragen wird“, so das Fazit von Albers.
Hebel bei Ausbaubremsen in Genehmigungsverfahren muss umgelegt werden
Auch der Projektentwickler Juwi, der an dem Gipfel teilgenommen hat, fordert ein einheitliches und auf die Klimaziele abgestimmtes, verbindliches Vorgehen aller beteiligten Ministerien, um noch bestehende Ausbauhemmnisse abzubauen.
„Die Wind-an-Land-Strategie adressiert viele Probleme, sie muss aber zuallererst den Hebel bei den noch nicht gelösten Ausbaubremsen in den Genehmigungsverfahren umlegen. Größte Priorität müssen dabei die Vereinfachung, Beschleunigung und Erhöhung der Rechtssicherheit von Genehmigungsverfahren durch eine umfassende Reform des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) erhalten. Die durchschnittliche Verfahrensdauer von 24 Monaten muss verkürzt werden“, betont Juwi-CEO Carsten Bovenschen. Die Windbranche werde die ambitionierten Ausbauziele nur erfüllen können, wenn Politik und Gesetzgeber auf allen Ebenen von Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen die Bedingungen für die Zielerreichung schaffen, so Bovenschen weiter.
© IWR, 2023
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