Ampel-Fraktionen einigen sich beim Klimaschutzgesetz und Solarpaket
© Adobe Stock / FotoliaBerlin - Die Fraktionen der Ampel-Koalition haben sich in den parlamentarischen Beratungen beim Klimaschutzgesetz und Solarpaket geeinigt. Damit dürfte das von Verkehrsminister Volker Wissing angedrohte Fahrverbot vom Tisch sein. Die Fraktionsspitzen der Ampel-Koalition zeigen sich zufrieden, Verbändevertreter sehen Licht und Schatten.
Die Ampelfraktionen haben sich nach zähem Ringen auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes und auf das Solarpaket 1 geeinigt. Beim Klimaschutzgesetz sieht die Reform im Kern vor, das Monitoring der Einhaltung der Klimaziele nicht mehr sektorbezogen vorzunehmen, sondern im Rahmen einer mehrjährigen Überprüfung sektorübergreifend. Damit endet die bisherige Regelung, dass einzelne Sektoren wie der Gebäude- oder Verkehrssektor bei Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben zum CO2-Ausstoß über die zuständigen Ministerien mit Hilfe von Sofortprogrammen gegensteuern. Gerade mit Blick auf den Verkehrssektor hatte diese Regelung zu Kontroversen geführt, die jüngst darin gipfelten, dass Verkehrsminister Volker Wissing ein Szenario drohender Fahrverbote skizzierte.
Nachfolgend einige Stimmen von den Fraktionsvorsitzenden der Ampel-Koalition sowie vom Verband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU).
Ampel-Fraktionen begrüßen Novelle des Klimaschutzgesetzes und Solarpaket
Aus der Sicht von Julia Verlinden, der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen, gibt die Novellierung des Klimaschutzgesetzes dem Klimaschutz in Deutschland ein Update, das ihn fit macht für die nächsten 20 Jahre auf Deutschlands Weg zur Klimaneutralität. „Das neue Klimaschutzgesetz bindet die Bundesregierung erstmals, konkrete Klimaschutzmaßnahmen auch für die Zeit 2030 – 2040 aufzustellen, erneuert die Verbindlichkeit jedes Sektors und wird CO2-Einsparung intelligenter messen. Mit Blick auf das wesentlich strengere Klimaziel 2040 muss besonders im Bereich Verkehr mehr passieren“, so Verlinden. Das neue Solarpaket sorge dafür, dass Kommunen einfacher und schneller Wind- und Solarparks planen und umsetzen könnten. Bürgerinnen und Bürger könnten zudem noch einfacher mit Balkonsolar Geld sparen und gleichzeitig etwas für den Klimaschutz tun. „Damit kann die Erfolgsgeschichte beim Ausbau der Erneuerbaren Energien mit noch größeren Schritten fortgeschrieben werden“, so Verlinden.
Dr. Lukas Köhler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Fraktion FDP sieht durch die Abschaffung der jährlichen Sektorziele im Klimaschutzgesetz sichergestellt, dass es keine Fahrverbote geben wird. „Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes stellen wir die deutsche Klimapolitik vom Kopf auf die Füße, denn ab sofort zählt nur noch, dass die Klimaziele insgesamt erreicht werden und nicht mehr, an welcher Stelle die Emissionen reduziert werden“, so Köhler. Das marktwirtschaftliche Update der neuen deutschen Klimapolitik zeige sich auch im Solarpaket. Es werde keinen Resilienz-Bonus geben, um einzelne Unternehmen auf Kosten der Allgemeinheit zu subventionieren, so Köhler weiter.
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch betont, dass sich durch die Novelle des Klimaschutzgesetzes keine Änderungen an den geltenden CO2-Minderungszielen ergeben. „Durch die Novelle darf kein Gramm CO2 mehr ausgestoßen werden. „Mit dem Solarpaket geben wir gleichzeitig wichtige Impulse für den Ausbau der Photovoltaik, der Windkraft und Biomasse. Wir fordern die Bundesregierung zudem auf, den Net Zero Industry Act zügig umzusetzen und dabei insbesondere auch die heimische Solarindustrie zu stärken“, so Miersch.
BDEW: Verrechnungen mit anderen Sektoren dürften nicht zu Blankoschecks werden
Der BDEW sieht die Aufweichung der Sektorziele im Klimaschutzgesetz kritisch, da dadurch dem Klima nicht gedient sei. Sie nimmt den Druck von einzelnen Sektoren, ihre Anstrengungen für den Klimaschutz zu verstärken. „Während der Energiesektor seine Vorgaben seit Jahren erfüllt, hinkt der Verkehrssektor seinen Zielen bereits das dritte Jahr in Folge hinterher. Es darf nicht passieren, dass die Sektoren, die heute schon liefern, die Last der anderen mittragen müssen. Dies wird den enormen Anstrengungen, die die deutsche Energiewirtschaft in den letzten Jahren für den Klimaschutz geleistet hat, nicht gerecht“, kritisiert die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung Kerstin Andreae. Der BDEW erwartet allerdings, dass andere Sektoren ihrer Verantwortung ebenso gerecht werden. Verrechnungen mit anderen Sektoren dürften nicht zu Blankoschecks für die Sektoren werden, die nicht liefern.
Positiv wertet der BDEW, dass das Solarpaket nächste Woche noch beschlossen werden kann. Damit kann ein wichtiger Baustein zur Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien verabschiedet werden. „Die im Solarpaket vorgesehene Regelung zur Umwandlung von Bestandsgebieten bei Windenergie an Land-Anlagen in sogenannte Beschleunigungsgebiete muss der Bundestag schnellstmöglich beschließen, damit das Gesetzgebungsverfahren noch innerhalb der zugrunde liegenden europäischen Frist zum 21. Mai 2024 abgeschlossen werden kann“, fordert Andreae. Kann die Regelung nicht fristgerecht umgesetzt werden, würde das die betroffenen Projekte in der Umsetzung deutlich zurückwerfen. Ebenso schwierig wäre das Reißen der Frist auch für die Bundesländer, die schon heute viele Bestandsgebiete ausgewiesen haben. Sie würden besonders viele potenzielle Beschleunigungsgebiete verlieren, so Andreae weiter.
Der VKU begrüßt insbesondere die Einigung auf das Solarpaket. Mit der Vereinfachung des Betriebs von Balkonkraftwerken und der Nutzung von selbst erzeugtem Photovoltaik-Strom in Mehrfamilienhäusern sowie den neuen Vorgaben für Solaranlagen auf Äckern und Feldern enthält dies aus VKU-Sicht wichtige Regelungen, um ein schnelleres Wachstum der Solarstromerzeugung in Deutschland zu ermöglichen. „Die Regelungen müssen schnellstmöglich in Kraft treten, um den Unternehmen Planungssicherheit zu geben und Mieter sowie Gewerbetreibende von Bürokratie zu entlasten“, so ein VKU-Sprecher.
Besondere Eile sieht auch der VKU bei den Regelungen zu Beschleunigungsgebieten bei der Windenergie. Das Europarecht gibt den Mitgliedsstaaten bis zum 21. Mai Zeit, um bereits ausgewiesene Windenergiegebiete in einem Akt zu Beschleunigungsgebieten zu erklären. Wenn diese Frist nicht eingehalten werden kann, müsste die zuständigen Planungsträger in Kommunen und Ländern jedes einzelne dieser Gebiete in einem langwierigen, aufwändigen und risikoreichen Verfahren neu als Beschleunigungsgebiet ausweisen. Dies wäre für die Windenergie ein erheblicher und völlig unnötiger Dämpfer, so der VKU Sprecher.
© IWR, 2024
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