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Photovoltaik: Der Handelsstreit-Kompromiss hat fast nur Verlierer

Münster – Der Streit um Schutzmaßnahmen für die europäische Solarwirtschaft ist vorerst beendet – doch wirklich glücklich mit der Lösung ist bis auf EU-Wettbewerbskommissar Karel de Gucht, die Bundesregierung und die Chinesen niemand. Die deutsche Solarbranche hingegen eint nur die Ablehnung der absehbaren Regelung, denn zu unterschiedlich sind die Interessen der einzelnen Akteure.

Sieben Gigawatt (GW) dürfen die chinesischen Exporteure künftig in die EU ausführen, zu einem Mindestpreis von 56 Cent je Watt: So sieht laut Medienberichten der zwischen Handelskommissar de Gucht und der chinesischen Gegenseite ausgehandelte Kompromiss aus. Während die Bundesregierung in Form von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die Einigung, die von den EU-Staaten noch abgesegnet werden muss, ausdrücklich willkommen hieß, zeigt man sich in der Wirtschaft deutlich zurückhaltender.

"Wir hoffen, dass ein Verhandlungsergebnis erzielt wird, das einen möglichst freien Welthandel zu fairen Wettbewerbsbedingungen ermöglicht und mit dem beide Streitparteien leben können", sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Solarwirtschaft (BSW). Aus seinem Umfeld heißt es lediglich, dass man in der Causa "zwischen den Stühlen sitze". Denn eins ist klar: In der deutschen Photovoltaik-Branche gibt es zwei große Pole – dazwischen aber noch viele kleine.

EU ProSun will klagen
Die Speerspitze der verbliebenen europäischen Solarmodulhersteller ist der Verband EU ProSun. Dessen Präsident Milan Nitzschke hat noch vor der Pressekonferenz de Guchts am Montag eine Erweiterung der bereits vor dem Europäischen Gerichtshof anhängigen Klage angekündigt: „Nach der Einigung vom Wochenende wird der Solarmarkt in Europa geteilt sein. Der erwartete Solarmarkt 2013 liegt bei zehn Gigawatt. Sieben Gigawatt davon hat die Kommission staatlich subventionierten chinesischen Herstellern zollfrei zugesprochen. 70 Prozent also gehen planwirtschaftlich an chinesische Solarprodukte zu Dumpingpreisen, 30 Prozent des Marktes können sich dann im freien Wettbewerb Europäer, Koreaner, Japaner und andere Hersteller aus dem Rest der Welt teilen.“ Die Gesamtkapazität der europäischen Hersteller schätzt die EU in ihrer Verordnung vom 04. Juni selbst auf knapp 9,74 GW ein.

Auch der Mindestpreis von 56 Cent je Watt erfährt Ablehnung, denn er liegt laut Nitzschke auf der Höhe der aktuellen „Dumpingpreise“ für chinesische Module. Bei den deutschen Anbietern wurden im Juni laut der „pvXchange“ 77 Cent fällig. Außerdem: Laut GTM Research sollen die Kosten in China noch weiter fallen. Sie lagen im vierten Quartal 2012 bei den führenden chinesischen Anbietern umgerechnet bei 37 Cent. Für Ende 2017 prognostizieren die Forscher 26 Cent.

Deutsche Großkunden betroffen
Auch große Abnehmer in Deutschland wird die Mindestpreisregelung treffen. Sie sollen bislang sogar noch weniger als die sich abzeichnenden 56 Cent zahlen. Hierzu gehören beispielsweise Projektierer und Händler, die naturgemäß an möglichst günstigen Komponenten interessiert sind und vor Ort Konditionen aushandeln können. „Durch die Einführung der vorläufigen Strafzölle Anfang Juni ist die Nachfrage bereits deutlich zurückgegangen. Das Antidumping-Verfahren der EU und der daraus resultierende Handelskonflikt haben damit ohne Not der Solarwirtschaft großen Schaden zugefügt“, erklärte Udo Möhrstedt, Vorstandschef von IBC Solar, in einem Statement vom Dienstag. Protektionismus und Markteingriffe lehne er ab, die aktuelle Lösung stelle aber einen Teilerfolg dar. Thorsten Preugschas, Geschäftsführer der Soventix GmbH und Vorsitzender der Allianz für bezahlbare Solarenergie (AFASE) warnte hingegen: “Preiserhöhungen werden die negative Entwicklung der vergangenen Monate noch beschleunigen und zu einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen in der gesamten Wertschöpfungskette führen.“

Marktbeobachter fürchten laut einem Bericht der „Börsen-Zeitung“ noch einen ganz anderen Nebeneffekt: Um die steigenden Kosten bei den Modulen auszugleichen, könnten Projektierer auch andere Komponenten aus China beziehen. Die Wechselrichter aus dem Reich der Mitte sollen inzwischen konkurrenzfähig sein – das wären schlechte Nachrichten etwas für die ohnehin angeschlagene SMA Solar, die unlängst vor einer solchen Entwicklung warnte.

Am Ende, so hat es den Anschein, profitiert Niemand wirklich von der sich abzeichnenden Lösung. Aus China ist hingegen zu hören, dass der Großteil der Solarpaneelhersteller mit der Lösung zufrieden ist.

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